Während die digitale Transformation weltweit voranschreitet, steigt auch der Energiebedarf rasant. Cloud-Plattformen, Rechenzentren, Künstliche Intelligenz – sie alle beruhen auf der Erhebung, Verarbeitung und Speicherung enormer Datenmengen. Was dabei häufig übersehen wird: Der Datenverbrauch hinterlässt einen erheblichen ökologischen Fußabdruck. Mit dem Report „Decarbonizing the Data Lifecycle“ liefert der Speicherhersteller Seagate nun erstmals eine fundierte Analyse der CO₂-Emissionen entlang des gesamten Datenlebenszyklus – und zeigt auf, wie Unternehmen durch intelligente Strategien nicht nur ihre Nachhaltigkeitsziele erreichen, sondern auch Kosten und Ressourcen sparen können.

Digitale Daten – Klimarisiko mit Wachstumskurve
Daten sind das neue Öl – eine Metapher, die sich längst etabliert hat. Doch wie beim fossilen Vorbild birgt auch der ungebremste Datenboom Umweltprobleme. Laut International Data Corporation (IDC) sollen sich die weltweit generierten Datenmengen bis Ende 2025 auf 175 Zettabyte mehr als verdoppeln. Die Auswirkungen auf Stromverbrauch und CO₂-Emissionen sind erheblich – insbesondere, da ein Großteil dieser Daten in energieintensiven Rechenzentren verarbeitet, gespeichert und gesichert wird.
Seagate zeigt in seinem aktuellen Report auf, dass Unternehmen bisher kaum Transparenz über die Umweltwirkungen ihrer digitalen Infrastruktur besitzen. Gleichzeitig wächst der Druck durch Gesetzgeber und Investoren, Nachhaltigkeit auch im Bereich der IT messbar und nachvollziehbar zu gestalten.
Der Datenlebenszyklus als CO₂-Treiber
Der Report betrachtet den gesamten Datenlebenszyklus – von der Erzeugung über die Speicherung und Nutzung bis hin zur Archivierung und Löschung. Das zentrale Ergebnis: Rund 80 Prozent der Emissionen entstehen in der sogenannten Use Phase, also während der aktiven Nutzung von Daten und Speicherhardware. Anders gesagt: Nicht die Herstellung von Festplatten, sondern der laufende Betrieb – insbesondere der Stromverbrauch für Serverbetrieb und Kühlung – ist der größte Emissionstreiber.
Ein weiterer problematischer Aspekt: Unnütze Daten. Laut Seagate werden bis zu 68 % aller gespeicherten Daten nie wieder abgerufen – eine riesige Menge „Datenmüll“, die dennoch Energie verbraucht. Die Folge: Speicherressourcen sind überdimensioniert, Hardware wird unnötig beansprucht und Energie verschwendet.
KI als Emissionstreiber – und Lösung zugleich
Ein zentrales Element dieser Entwicklung ist die Künstliche Intelligenz. Ihr Potenzial ist enorm, doch ihr Energiebedarf ebenso. Besonders das Training großer KI-Modelle verschlingt erhebliche Mengen an Rechenleistung – und damit Strom. Studien zeigen, dass das Training eines einzelnen großen Sprachmodells mehrere hundert Tonnen CO₂ verursachen kann.
Gleichzeitig kann KI selbst zur Lösung beitragen: Unternehmen setzen zunehmend auf Machine Learning, um Datenströme zu analysieren, Kühlungssysteme zu optimieren oder ungenutzte Daten zu identifizieren und zu entfernen. So konnte Google mithilfe von KI den Energieverbrauch seiner Rechenzentren um bis zu 40 Prozent senken. Auch im ESG-Reporting kommt KI vermehrt zum Einsatz, um Nachhaltigkeitskennzahlen automatisch zu erfassen und Entscheidungen datenbasiert zu unterstützen.
Richtig eingesetzt, wird KI somit zu einem Hebel der Dekarbonisierung – sowohl technologisch als auch strategisch.
Effizienzhebel: Was Unternehmen tun können
Der Report liefert konkrete Ansatzpunkte, wie Unternehmen ihre digitale Infrastruktur nachhaltiger gestalten können:
- Lebensdauerverlängerung von Speichermedien:
Die gängige Praxis, Festplatten nach wenigen Jahren auszutauschen, verursacht enorme Emissionen durch Herstellung und Entsorgung. Seagate zufolge kann eine Verlängerung der Hardware-Nutzung um nur zwei Jahre die Emissionen über den Lebenszyklus hinweg um bis zu 50 % reduzieren – ohne nennenswerte Leistungseinbußen bei moderner Hardware. - Data Minimization statt Data Hoarding:
Unternehmen sollten aktiv Dateninventuren durchführen und prüfen, welche Informationen wirklich benötigt werden. Der gezielte Einsatz von Data Governance-Tools kann helfen, redundante oder obsolet gewordene Daten systematisch zu entfernen. - Energieeffiziente Speicherlösungen:
Neue Technologien wie Cold Storage, AI-gestützte Speichermanagementsysteme oder Strategien zur Lastverteilung können den Stromverbrauch signifikant senken. Auch der Einsatz von nachhaltigen Rechenzentren mit erneuerbaren Energiequellen wird empfohlen.
Strategische Relevanz: Nachhaltigkeit wird zum Wettbewerbsvorteil
„Datenverarbeitung ist kein abstrakter digitaler Prozess – sie hat physische Konsequenzen in Form von CO₂-Emissionen“, bringt es Lindsay Sedgwick, ESG-Verantwortliche bei Seagate, auf den Punkt. Diese Einsicht lenkt den Blick auf einen bislang häufig vernachlässigten Bereich: die Umweltwirkung der digitalen Infrastruktur. Unternehmen, die Nachhaltigkeit systematisch auch im Datenmanagement verankern, verschaffen sich dadurch nicht nur einen ökologischen, sondern auch einen wirtschaftlichen Vorsprung. Die Vorteile sind vielfältig:
1. Kostensenkung durch gezielte Effizienzsteigerung
Ein erheblicher Teil der Betriebskosten in datenintensiven Unternehmen entfällt auf den Stromverbrauch von Rechenzentren. Durch Optimierung der Hardware-Nutzung, Vermeidung redundanter Datenspeicherung und Einsatz energieeffizienter Speicherlösungen lassen sich diese Kosten signifikant reduzieren. Effizienzmaßnahmen wie adaptive Kühlung, KI-gesteuerte Lastverteilung oder Cold Storage-Technologien wirken sich unmittelbar auf die Energiebilanz – und damit auf die Betriebsausgaben – aus.
Beispiel: Eine verbesserte Auslastung von Servern und längere Nutzungszyklen von Speicherhardware können in Großunternehmen zu Einsparungen in Millionenhöhe führen – bei gleichzeitiger Reduktion der CO₂-Emissionen.
2. ESG-Ratings und Zugang zu Kapital
Nachhaltigkeitsbewertungen sind längst zu einem entscheidenden Kriterium für Investoren, Aufsichtsbehörden und Geschäftspartner geworden. IT-Infrastrukturen spielen hierbei eine zunehmend wichtige Rolle, da sie erhebliche Auswirkungen auf die CO₂-Bilanz eines Unternehmens haben.
Wer durch Audits und Berichte glaubhaft darstellen kann, dass auch die digitale Infrastruktur nachhaltig ausgerichtet ist, verbessert seine ESG-Ratings deutlich. Das wiederum wirkt sich auf Finanzierungskonditionen, Versicherungsprämien und die Gesamtbewertung des Unternehmens aus – insbesondere bei börsennotierten Firmen oder im institutionellen Anlagekontext.
3. Imagegewinn und Arbeitgeberattraktivität
Die Nachfrage nach ökologisch verantwortungsvoll handelnden Unternehmen wächst – sowohl bei Kundinnen als auch bei Bewerberinnen. Vor allem die Generationen Y und Z achten stark auf die Nachhaltigkeit ihrer Arbeitgeber und Konsummarken. Wer transparente, glaubwürdige Maßnahmen in der Green IT ergreift, profiliert sich als verantwortungsvoller Akteur und stärkt damit nicht nur das Kundenvertrauen, sondern auch die Bindung qualifizierter Fachkräfte.
Beispiel: Unternehmen wie Salesforce, Microsoft oder Google positionieren sich mit öffentlichkeitswirksamen Nachhaltigkeitszielen auch im Bereich der IT-Infrastruktur – und erzielen damit nachweislich Vorteile bei Recruiting und Markenloyalität.
4. Digitale Resilienz als Zukunftssicherung
In einer zunehmend volatilen Welt – geprägt von Energiekrisen, regulatorischem Wandel und Cybergefahren – wird Resilienz zum zentralen strategischen Faktor. Nachhaltige Datenstrategien führen zu schlankeren, weniger störanfälligen IT-Strukturen. Wer systematisch Datenflüsse analysiert, Speicherbedarfe reduziert und Automatisierung nutzt, gewinnt an Agilität und Reaktionsfähigkeit.
Zudem erleichtert eine durchdachte Datenstrategie die Einhaltung regulatorischer Anforderungen wie der EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) oder der EU-Taxonomie für nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten – was langfristige Planungssicherheit schafft.
Fazit: Nachhaltige Datenstrategien sind die Zukunft
Der Seagate-Report zeigt: Der Schlüssel zur Reduktion von Emissionen in der digitalen Welt liegt nicht nur in grüner Energie oder moderner Hardware, sondern vor allem im bewussten Umgang mit Daten. Unternehmen, die frühzeitig in nachhaltige Speicherlösungen und datenbewusste Strategien investieren, können sowohl ihren ökologischen Fußabdruck senken als auch ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern. Die Dekarbonisierung der Daten ist kein Nice-to-have mehr – sie ist ein strategisches Muss.