Plastikverpackungen sind aus unserem Alltag nicht wegzudenken – und gleichzeitig eines der größten Umweltprobleme unserer Zeit. Hohe Recyclingverluste, minderwertige Rezyklate und komplexe Materialmischungen verhindern bislang eine echte Kreislaufwirtschaft. Doch jetzt könnte Künstliche Intelligenz (KI) das Blatt wenden: Im Forschungsprojekt KIOptiPack arbeiten Wissenschaft und Industrie daran, Kunststoffverpackungen so zu gestalten, dass sie effizienter recycelt werden können – und das bereits ab der Entwurfsphase.

Von der Problemzone zum Hightech-Produkt
Jährlich werden allein in Europa Millionen Tonnen Kunststoffverpackungen produziert. Doch laut Expertenschätzungen landen weniger als 50 Prozent tatsächlich im Recycling. Der Rest wird verbrannt oder deponiert – mit gravierenden Folgen für Klima und Umwelt.
„Wir haben ein massives Problem mit der Recyclingfähigkeit vieler Verpackungen, weil sie oft aus komplexen Materialverbunden bestehen. Das macht sie schwer sortierbar und schwer wiederzuverwerten“, erklärt Dr. Cord Steinigeweg vom Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV, das eine zentrale Rolle im Projekt einnimmt.
Hier setzt KIOptiPack an: Ziel ist es, mithilfe von Künstlicher Intelligenz Verpackungen so zu entwickeln, dass sie sich leichter recyceln lassen – ohne Abstriche bei Funktionalität, Schutzwirkung oder Design.
KI trifft Verpackungsdesign
Im Mittelpunkt steht ein digitaler Werkzeugkasten: Mit Machine-Learning-Algorithmen und Simulationen können Forschende schon in der Designphase vorhersagen, wie gut sich bestimmte Materialien oder Verpackungsformen später trennen und recyceln lassen.
„Bisher werden viele Verpackungen entwickelt, ohne das Recycling ausreichend mitzudenken. Mit unseren KI-Tools können wir schon vorab prüfen, wie sich Materialien im Recyclingprozess verhalten und welche Designentscheidungen nachhaltiger wären“, sagt Steinigeweg.
Konkret simuliert die Software etwa die Zerkleinerung, Sortierung und Waschprozesse, die bei Recyclinganlagen üblich sind. Machine-Learning-Modelle helfen dabei, Muster zu erkennen: Welche Folien haften zu stark aneinander? Welche Farbzusätze verhindern die Erkennung durch Sortiersensoren? So lassen sich problematische Materialkombinationen vermeiden, bevor sie überhaupt auf den Markt kommen.
Ein Netzwerk aus Industrie und Forschung
Das Vorhaben ist ambitioniert: 51 Partner aus Wissenschaft, Maschinenbau, Recyclingwirtschaft und Kunststoffindustrie arbeiten gemeinsam an KIOptiPack. Unterstützt wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), das die Entwicklung nachhaltiger Technologien für die Kreislaufwirtschaft gezielt fördert.
Neben dem Fraunhofer IVV sind unter anderem das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML, führende Verpackungshersteller, Recyclingunternehmen sowie Softwareentwickler beteiligt.
„Dieses Projekt ist ein Paradebeispiel dafür, wie digitale Technologien und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen können“, so das Fraunhofer-Institut in einer Mitteilung. „KI kann enorme Beiträge dazu leisten, Ressourcen zu sparen und die Umweltbelastung deutlich zu senken.“
Ökologische und wirtschaftliche Chancen
Der Nutzen für Umwelt und Unternehmen ist erheblich. Durch besser recycelbare Verpackungen können mehr hochwertige Rezyklate gewonnen werden – ein entscheidender Faktor, um den Einsatz von Neuplastik zu reduzieren. Gleichzeitig sparen Hersteller Kosten, weil weniger Ausschuss entsteht und Recyclingabgaben sinken könnten.
„Es geht nicht nur um Ökologie, sondern auch um Ökonomie“, betont Steinigeweg. „Unternehmen stehen zunehmend unter Druck, nachhaltiger zu produzieren, weil Verbraucher, Politik und Investoren das einfordern. Projekte wie KIOptiPack liefern dafür konkrete Werkzeuge.“
Erste Ergebnisse und Ausblick
Bereits in diesem Jahr konnten die Forschenden Prototypen von Verpackungen entwickeln, die sich in Testanlagen deutlich besser recyceln ließen. Zudem arbeitet das Team an Softwarelösungen, die auch kleineren Unternehmen zur Verfügung stehen sollen.
Ein Höhepunkt: Vom 1. bis 3. Juli 2025 wurden die Ergebnisse auf einem Forum in Berlin vorgestellt. Hier diskutierten Industrievertreter und Wissenschaftler die nächsten Schritte zur Industrialisierung der entwickelten Tools.
Das langfristige Ziel ist klar: Verpackungen sollen künftig nicht nur leicht zu produzieren, sondern auch vollständig in den Rohstoffkreislauf rückführbar sein. Mit KI rückt diese Vision ein großes Stück näher.
KI als Schlüssel zur Kreislaufwirtschaft
KIOptiPack zeigt exemplarisch, wie technologische Innovation helfen kann, die Kunststoffindustrie nachhaltiger zu gestalten. Anstatt Recyclingprobleme erst am Ende der Wertschöpfungskette zu lösen, beginnt Nachhaltigkeit bereits beim Design.
„Wenn wir es schaffen, intelligente Datenmodelle und praxisorientierte Tools in der Industrie zu verankern, können wir enorme ökologische und ökonomische Potenziale heben“, so das Fazit des Fraunhofer-Teams.
In einer Zeit, in der Plastik zunehmend zum globalen Umweltproblem wird, könnte KI also nicht nur ein technisches, sondern auch ein ökologisches Game-Changer sein.